Abgesehen davon, dass für Beton Zement gebraucht wird, dessen Herstellung Unmengen an Kohlendioxid freisetzt, lieben wir dieses Material anscheinend. Zementwerke belegen von den Top-20 der Klimagas-Emittenten die Plätze 6, 7, 8, 9, 11, 12, 16 und 19 in Österreich. In der Politik wird betoniert, wir haben immer noch kein Energie Effizienz Gesetz, die Privaten betonieren sich in viel zu großen Einfamilienhäusern ein und die Bürgermeister*innen träumen vom Betongold in Form eines Einkaufscenters am Rand von Nirgendwo. Diese Stadtentwicklung hat sogar einen Namen. Man nennt diese urbanen Räume Donut-Städte, weil das Zentrum nicht mehr existiert und sich alles am Rand abspielt. Ich will lieber einen Krapfen, wo die Musik im Inneren aufspielt.
Das Ergebnis dieser Träumereien kann man wieder nachlesen, der WWF-Report zur Bodenversiegelung ist heraus gekommen.
Im Durchschnitt versiegeln wir mit Beton und Asphalt TÄGLICH 11,3 Hektar.
Das ist mehr als das Vierfache vom 2002 festgelegten Nachhaltigkeitsziel: 2,5 Hektar pro Tag.
Nach 21 Jahren sind wir mehr als weit vom Ziel entfernt. Was würde Harald Mahrer von der WKO dazu sagen: “Wir müssen darüber diskutieren und offen sein.” Auch wenn ich ihm die Worte in den Mund gelegt habe, so soll es die Quelle dieses Ergebnisses demonstrieren. Es wird geredet, aber nicht gehandelt. 21 Jahre sind für Reformen einfach viel zu kurz. Das ist politischer Beton. Ich gehe jetzt weinen.
Speak out
Kleine Anmerkung am Rande. Ich war beim Kurier „Speak out“ im Museumsquartier und hörte ein interessantes Gespräch zwischen Dr. Patrick Scherhaufer (BOKU) jemanden von TTTech und jemanden von efriends (Interessante Geschichte wenn man eine PV-Anlage hat). Bei der Diskussion wurde von BOKU-Seite der größte Veto-Player in der Politik benannt. Wer vorher aufgepasst hat, kennt die Antwort auch: die WKO. Ich bin mit meiner Meinung also nicht allein. Jetzt wische ich mir die Tränen wieder ab.
Versiegelung des Bodens bedeutet, dass Regenwasser nicht mehr ins Erdreich darunter sickern kann, sondern dass es oberflächlich abgeleitet wird. Die kostbare Flüssigkeit gelangt nicht mehr ins Grundwasser, sondern wird in den Kanälen gesammelt und abgeleitet. Die Kanäle quellen über, aber der Grundwasserspiegel sinkt. Mitzi Wasdapschek kann ihren Pool füllen, aber der Brunnen vom Huber-Bauer führt kein Wasser mehr, den er für die Bewässerung braucht, die hoffentlich sehr effizient ist. Du kannst das aber auch da nachlesen: Boden.
Wertminderung
Ein anderes Beispiel. Freunde haben sich für ihren verdienten Lebensabend ein Häuschen am See gekauft. Das Häuschen ist noch da, der See bald nicht mehr. Der Grundwassersee hat über 3 Meter verloren. Die Stege, die sie sich am Anfang gebaut haben, ragen seltsam in die Luft. Statt dessen baut man Treppen am Ufer, die wieder und wieder zu kurz werden.
Die Zukunft schaut auch nicht unbedingt rosig aus. Im PROFIL 9-23 (diese App habe ich nicht ausprobiert, noch verdiene ich Geld damit) wurde das sinkende Grundwasser thematisiert. Gerade das Burgenland hat schlechte Karten. Man kann auch auf den Wasserportalen des Landes schauen. Wenn wir im Burgenland bleiben…
Wie löst unser Bürgermeister von Traiskirchen (Andi Babler) dieses Problem. Er weiß davon, denn er hat 2019 den Klimanotstand ausgerufen. Ganz einfach, asphaltierte Parkplätze werden zu Parkplätzen mit Lochsteinen – aber du kannst das O auch durch ein A ersetzen. Eine neue Verordnung wurde veröffentlicht, dass bei Gewerbegebäuden ein kleiner Anteil des Bodens für die Versickerung geeignet sein muss. Eine Umsetzung habe ich jedoch noch nicht gesehen.
Ich habe einem Architekten, ein sehr netter Mensch, die einfache Frage gestellt, wer die Bauordnung festlegt. Er hat von jetzt auf gleich einen Tobsuchtsanfall bekommen. Er war nur schwer zu beruhigen. Die Politiker legen sie fest mit mehr oder, sagen wir viel weniger Kompetenz, als Fachleute. Das ist ein hochkomplexes Thema für Spezialisten. Da greifen so viele Bereiche ineinander, da brauchst du mehr als einen Parteiakademie-Abschluss, da brauchst Beton.
Reform
Was wären meine weisen Worte zu dem Thema?
Raumplanung landes- und bundesweit
die Flächenwidmung darf nicht die Gemeinde machen, die meistens zu kurzsichtig dafür ist. Lange Planungszeiträume sind wichtig.
Bauvorschriften ändern:
Einfamilienhäuser dürfen nur mehr Energieplus-Häuser mit eigenem Energiespeicher und Regenwassertank sein; Swimmingpool ist untersagt. Damit kann man auch dem Wohnwürfel Adieu sagen, weil auf ein Pultdach mehr Solarpanele passen. Außerdem regnet es nicht mehr hinein. Keinen Beton verwenden, sondern die skandinavische Bauweise ins Auge fassen.
Mehrfamilienhäuser habe die gleichen Vorgaben wie Einfamilienhäuser müssen aber sehr gut schallgedämmt sein mit gemeinsam nutzbarer Grünfläche, Bäumen etc. Die Zauberformel heißt Geschoßflächenzahl 1 zu 1. Das bedeutet, die m2 der Wohnungen werden zusammengezählt und genau so viel Grünfläche wie Wohnfläche wird zur Verfügung gestellt. Viele beklagen sich, dass ihre Nachbarn zu laut sind und sie gerne einen Garten hätten. Für viele wäre es aber besser, dem Hausbau zu entsagen, weil vor allem viel Arbeit und noch mehr Zahlungen auf sie zukommen. Ein Garten ist etwas Schönes, aber eine Löwenzahn-Zucht ist damit nicht gemeint und es bedeutet, die Pflanzen ständig zu pflegen.
Alte Häuser durch neue, modernere und höhere ersetzen, sofern sie nicht das Denkmalamt beschützt. In Wien gibt es noch so viele Mietshäuser die husch pfusch nach dem Krieg zusammen geschustert wurden. Das hat damals Sinn gemacht, aber heute nicht mehr. Ich kenne so ein Haus aus eigener Erfahrung – ich wünsche das Niemandem.
Vielleicht tut sich ja jetzt endlich einmal etwas in die richtige Richtung, vielleicht braucht man nur 22 Jahre für eine Reform. Nein, nicht schon wieder weinen.
und schon berichtet das Ö1 Morgen Journal über die Versiegelung. du bist ein Prophet!
Ich weiß 😉